Auszug aus "Einmalige Kathedralen", Ostseezeitung vom 1.9.2007

"Mecklenburg-Vorpommern besitzt ungewöhnlich viele qualitätsvolle Backsteinkirchen, die es zu erhalten und zu pflegen lohnt, meint Denkmalpfleger Prof. Dr. Gottfried Kiesow. Solche bedeutenden Zeugnisse der Kultur locken viele Menschen ins Land.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Prof. Dr. Gottfried Kiesow, ist oft in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs, er hat seine Liebe für die Backsteingotik entdeckt und ist der „Vater“ der Welterbestädte Stralsund und Wismar. Die OSTSEE-ZEITUNG sprach mit ihm über den Zustand der Kirchen und den Denkmaltag."
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"Prof. Kiesow: Ich denke, jede Stadt braucht etwas Besonderes, um die Zukunft auch wirtschaftlich abzusichern – etwas, was niemand sonst hat. Wismar muss zum Zentrum der Backstein-Baukunst an der Ostsee werden. Mit Hilfe der Hochschule könnte das gelingen. Die Architekten und Ingenieure sollte nicht aufhören, mit dem wunderbaren Material zu arbeiten. Wir träumen davon, dass man bei der Marienkirche eine Art Museums-Baustelle für Backsteingotik entwickelt, vielleicht schaffen wir es, auch einen Brennofen aufzustellen. Schon jetzt sind Hunderttausend Besucher in diesem Jahr dort gewesen."
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"Laufrad an St. Marien marode", Ostseezeitung vom  5. 9.2007
"Wismar Der Anblick des Laufrades am Wismarer Marienkirchturm ist schon im Stillstand eine Attraktion für sich. Wenn sich daran noch Handwerker zu schaffen machen, gibt es für die interessierten Besucher noch mehr zu schauen. „Das ist ja wirklich imposant!“, staunte Werner Heeke aus dem Münsterland, gestern Tagesausflügler in Wismar. Der 70-Jährige arbeitete als Maurer und interessiert sich für alles, was mit Bauen zu tun hat.

So verwickeln die Besucher der Backsteingotik-Ausstellung die Handwerker immer wieder in Gespräche, um ihren Wissensdurst zu stillen. „Das ist durchaus gewollt“, versichert Zimmerermeister Holger Stark, Chef der neunköpfigen Kerbholz GmbH Klein-Warin. Seit gestern sind seine Leute damit befasst, die hölzernen Auflager zu reparieren. „Die Unterkonstruktion aus Nadelholz ist verrottet. Immerhin soll sie das etwa 1,2 Tonnen schwere Rad tragen“, erklärt Egbert Pietzsch (44), selbstständiger Zimmerer und Tischler aus Bützow, den sich der Kerbholz-Chef zur Verstärkung holte. In althergebrachter Bauweise und mit solchen traditionellen Werkzeugen wie Schwertsäge, Dechsel, Breitbeil und Zugbank wird eine neue kräftige Konstruktion aus Eichenbalken gebaut.

Zwei junge Frauen fertigen dafür Holznägel an: Janine Dimitrov (18) aus Leipzig, die gerade ein freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege absolviert und anschließend in Wismar gern eine Tischlerlehre beginnen möchte. Die andere ist Sarah Voßberg (20) aus Wismar, die ihre Tischlerlehre bei Kerbholz begann: „Das traditionelle Bauen ohne Standard – ökologisch und individuell – das ist genau das, was ich will.“

Vor fünf Jahren hatte der Architekt und Tischler Harald Weise aus Dambeck das imposante Kranrad anlässlich der Landesausstellung „Wege zur Backsteingotik“ gebaut. Eine Originalvorlage fand er im Dachgestühl von St. Nikolai. Im Frühjahr wurde es aus Sicherheitsgründen stillgelegt. „Was 2002 entstand, ist nur der Kubus eines historischen Nachbaus, also er funktioniert so wie im Mittelalter“, sagt Holger Stark. Verlockend wäre für ihn der Auftrag, ein neues Rad zu bauen. Aber jetzt will er mit seinen Leuten erstmal das alte sichern. Am Freitag soll es sich zur Freude der Besucher wieder drehen."
 
 

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